Digitale Informationen überall in Echtzeit: Setzt sich Augmented Reality durch?

Eine Ausrüstung wie aus einem Science-Fiction-Film: Wichtige Informationen werden in Echtzeit auf einem Display direkt in das Sichtfeld des Nutzers eingeblendet. Diese Funktion versprach erstmals die Datenbrille Google Glass, die nach jahrelanger Entwicklungsarbeit im Juni 2012 als Prototyp vorgestellt wurde. Sonderangebote im Schuhgeschäft schon vor der Ladentür angezeigt bekommen? Ein Second-Hand-Schnäppchen bei einem privaten Anbieter gleich ums Straßeneck? Verlockende Möglichkeiten für den Handel und viele andere Bereiche. Das Projekt animierte zahlreiche andere Hersteller, ähnliche Entwicklungen in ihre Forschung aufzunehmen – bislang konnte jedoch noch keiner einen wirklichen Durchbruch erzielen.

Wann kommt der Durchbruch von Augmented Reality?

Wann kommt der Durchbruch von Augmented Reality? | Foto: pixabay.com | Lizenz: CC0 Public Domain

Noch ist Augmented Reality eine Nischenanwendung

Die Vorstellung der Google Glass hat für eine hohe Aufmerksamkeit gesorgt und führte zu einer umfangreichen Berichterstattung nicht nur in der Fachpresse, sondern auch in den Mainstream-Medien. Das Projekt selbst scheiterte jedoch an den hohen technischen Hürden, die bei der Augmented Reality noch immer bestehen. Nachdem der Verkaufsstart mehrfach verschoben wurde, stand eine stark limitierte Anzahl im noch nicht ausgereiften Beta-Status für ausgewählte Kunden zur Verfügung. Nach rund zweieinhalb Jahren wurde auch der Vorverkauf vollständig eingestellt – kein einziges Gerät wurde jemals über den offiziellen Handel ausgeliefert. 2015 verkündete Google schließlich das Aus seiner Datenbrille und löste das zuständige Team aus Entwicklern auf. Trotz des Fehlschlags war der erste Schritt gemacht – in den folgenden Jahren kündigten auch andere Konzerne wie Microsoft eigene Produkte an.

Augmented Reality auf Smartphones, Tablet und TV

Mittlerweile gehen viele Entwickler einen Zwischenschritt und nutzen bereits verbreitete Geräte für erste Augmented Reality Anwendungen. Diese nutzen dann zum Beispiel die integrierte Kamera oder optionales Handyzubehör, um direkt in das reale Bild Informationen einzublenden. Die erste populäre App, die diese Funktion nutzte, war Sky View von Apple. Die bis heute millionenfach heruntergeladene App blendet Informationen über Sterne und Sternbilder ein, sobald das Handy auf den Nachthimmel gerichtet wird. Auf diese Weise konnte jeder Nutzer bequem nur mit seinem Telefon aus der Handyhülle heraus nach Sternenkonstellationen suchen und nähere Details zu den betrachteten Himmelsobjekten abrufen. Ikea nutzte die Technik wiederum als erstes Unternehmen für sein Marketing. Seit 2013 bietet es dazu ein Programm, mit der Möbelstücke aus seinem Katalog in die Wohnumgebung projiziert werden können. Auch mit Pokémon Go! gab es in der jüngsten Vergangenheit einen großen Erfolg, der auf dieser Technik basierte.

Handy und Fernseher bieten weiteres Potential

Dieser Ansatz wurde seitdem von vielen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen aufgegriffen. Hinter den Kulissen forschen viele Hersteller an Möglichkeiten, ihre Geräte in der Funktionalität durch Handyzubehör zu erweitern. Beispielhaft könnte ist etwa das Motorola Smartphone Moto X, das über eine externe Schnittstelle verfügt, über welche zusätzliche Hardware auf das Telefon angesteckt werden kann. So erhält das Handyzubehör erstmals auch einen umfassenden, direkten Zugriff auf das Gerät, über den sich die Prozessor- und Grafikleistung des Handys auch von außen nutzen lässt. Weitere Features könnten zudem direkt in die Handyhülle integriert werden, um eine perfekte Optik bei flexibler Funktionalität zu gewährleisten. Experten gehen davon aus, dass die Augmented Reality in der Zukunft einen ähnlichen Boom erleben wird wie die Virtual Reality in der jüngsten Vergangenheit – zumal sich beide Technologien in einzelnen Bereichen überschneiden. Im Fernsehbereich sind auch mannigfaltige Möglichkeiten denkbar. Bei Sportübertragungen wie beispielsweise Footballspielen bekommt der Zuschauer von der Bildregie Feldmarkierungen wie die First Down Linie eingeblendet, ebenfalls ein Augmented Reality Feature, das für uns schon eine Normalität darstellt. Gehen wir noch weiter zurück, fallen uns noch Einblendungen für den Wetterbericht ein. Next Generation Fernsehgeräte ermöglichen dem Zuschauer sogar, via Augmented Reality mit dem Fernsehprogramm zu interagieren. So können beispielsweise Objekte im Bild oder virtuelle Avatare durch den Nutzer bewegt und gesteuert werden.

Gefahren der neuen Technik

Natürlich bergen neue Technologien auch immer ein gewisses Risiko. Die größten Bedenken stammen derzeit noch von Datenschützern. Bereits die Google Glass war über eine Webcam in der Lage, Videos aufzuzeichnen. Das kann in einigen Fällen durchaus problematisch werden, denn rechtlich betrachtet müssten alle gefilmten Personen bei einer solchen Aufzeichnung ihre Zustimmung erteilen. Entscheidend ist dabei unter anderem, dass Betroffene nur sehr schwer erkennen können, ob sie überhaupt gerade gefilmt werden – ein wesentlicher Unterschied beispielsweise zu einem Smartphone oder einer deutlich sichtbaren Kamera. Kritisch gesehen werden außerdem technische Möglichkeiten wie etwa eine automatische Gesichtserkennung, die Bereiche der Privatsphäre ganz klar verletzen würde. Hier gilt es in den nächsten Jahren, entsprechende rechtliche Lösungen zu finden. Ein ganz anderer Betrachtungspunkt ist ein medizinischer. Denn unter Fachleuten ist derzeit noch umstritten, ob diese permanente Informationsbeschallung über Smartphone, Tablet oder Flatscreen nicht zu einer Reizüberflutung führen könnte, die den Nutzer langfristig extrem unter Stress setzt und zu entsprechenden Symptomen und Krankheitsverläufen wie dem Burn-Out-Syndrom führen oder diese Entwicklung zumindest mit beeinflussen könnte. Auch hier gilt es, umfassende Studien durchzuführen, um mögliche Gefahren für die Gesundheit zu erkennen und Schlüsse für die technische Umsetzung zu ziehen.

Wie ist der aktuelle Stand und mit welcher Entwicklung wird gerechnet?

Experten gehen davon aus, dass die mobile Datenbrille noch eine längere Entwicklungszeit benötigen wird, in der auch noch rechtliche Probleme wie der Datenschutz eindeutig geklärt werden müssen. Als Zwischenschritt rechnen sie jedoch mit einer Erweiterung von Apps und Handyzubehör, die die Augmented Reality zuerst einmal noch stärker auf das Smartphone holen wird. Allerdings gibt es bereits jetzt erste Modelle, die im offiziellen Handel erhältlich sind: Die bekanntesten sind wahrscheinlich die autonom arbeitende Vuzix M100 oder die Epson Moverio BT-200 sowie BT-300. Beide lassen sich auch als Handyzubehör nutzen und ermöglichen einen Zugriff auf das Telefon, das so auch bei einem Anruf problemlos in seiner Handyhülle stecken bleiben kann.

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